Die aktuellen Veränderungen vollziehen sich vor dem Hintergrund eines recht schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes. 2025 dürfte kein Jahr mit rasantem BIP-Wachstum werden und die Inflation könnte sich aufgrund höherer Staatsausgaben und möglicher Zollerhöhungen als hartnäckig erweisen. Letzteres dürfte den Zentralbanken bei ihrem Bemühen, Wachstum und Inflationskontrolle ins Gleichgewicht zu bringen, einen geringeren Spielraum für Zinssenkungen lassen. Der Ausgang dieses Balanceakts ist ungewiss, was zu Unsicherheiten unter den Marktteilnehmern und einer erhöhten Volatilität im Vergleich zu 2024 führen könnte. Geopolitische Folgen, aufgrund einer möglicherweise veränderten Handelspolitik, könnten diese Entwicklungen noch verstärken.
Warum also bin ich im Großen und Ganzen dennoch positiv gestimmt im Hinblick auf die Investmentaussichten für 2025? Das Schlüsselwort hierbei ist „Produktivität“ – also welche Leistung mit einem bestimmten Input erbracht wird. Der Nobelpreisträger Paul Krugman stellte schon vor dreißig Jahren ihren besonderen Stellenwert heraus: „Produktivität ist nicht alles, aber auf lange Sicht ist sie fast alles.“ Denn eine langfristige Verbesserung des Lebensstandards sei vor allem von einer Steigerung der Leistung pro Arbeitnehmer abhängig. In den vergangenen Jahren scheint die Produktivität allerdings nur sehr langsam gestiegen zu sein und einige damit zusammenhängende Indikatoren – zum Beispiel das reale BIP pro Arbeitsstunde – könnten sogar gesunken sein. In einer Zeit, in der die Zahl der Arbeitnehmer im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung sinkt, scheint die Steigerung der Leistung pro Arbeitnehmer heute noch dringlicher. Die gute Nachricht ist, dass Künstliche Intelligenz und damit verbundene Technologien eine realistische Möglichkeit bieten, dieses Ziel zu erreichen.
Natürlich wird es einige Zeit dauern, bis sich Produktivitätsgewinne manifestieren. Es ist ein Prozess, der sich über den begrenzten Zeithorizont dieses Jahresausblicks hinaus fortsetzen und vertiefen wird. Doch bereits jetzt wirken sich die Produktivitätserwartungen der Marktteilnehmer auf mehrere der in diesem Bericht erörterten Anlagethemen für 2025 aus.
Wir gehen davon aus, dass es für die Weltwirtschaft im Jahr 2025 darum gehen wird, in turbulenten Zeiten Kurs zu halten. Eine Reihe von Faktoren dürfte darüber bestimmen, wie einzelne Volkswirtschaften mögliche geopolitische und politische Herausforderungen meistern werden. Dabei gibt es bereits jetzt deutliche Unterschiede zwischen einer hochtechnologischen, produktiveren US-Wirtschaft auf der einen und einer europäischen Wirtschaft, die bei den miteinander verknüpften Themen Produktivität und Investitionen hinterherhinkt, auf der anderen Seite. In Bezug auf die Wirtschaftspolitik gehen wir davon aus, dass in Zukunft die Bedeutung fiskalpolitischer Maßnahmen dominant sein dürfte. Auch wenn die Inflation noch nicht vollständig eingedämmt ist, verlagert sich der Schwerpunkt der Politik bereits von der Geldpolitik zur Fiskalpolitik, da die Volkswirtschaften versuchen, neue technologische Entwicklungen und das Wachstum voranzutreiben. Initiativen sind hier insbesondere aus China zu erwarten.
Zu unseren zehn Themen für 2025 gehören mehrere Ideen für die Anlageklasse Aktien. Für die meisten Anleger mit entsprechender Risikobereitschaft dürften Aktien eine effektive Möglichkeit sein, in Wachstum zu investieren. Wir erachten ein solches Vorgehen als Schlüssel zum Anlageerfolg. Dabei gibt es aus unserer Sicht eine ganze Reihe von Gründen, warum die USA für Aktienanleger das globale Gravitationszentrum bleiben dürften, etwa die Erwartungen hinsichtlich steigender Gewinne, Deregulierung und Steuererleichterungen. Andernorts sind die Aussichten für Aktien vielleicht etwas weniger dynamisch, aber insgesamt immer noch positiv – auch in Europa und Deutschland.
Der Fokus auf Aktien sollte allerdings den Blick auf andere Anlageklassen nicht verstellen. Unternehmensanleihen in den USA, Asien und Europa beispielsweise dürften für Anleger interessant bleiben, unter anderem aufgrund der Rückkehr der (Laufzeit-)Prämie. Für Rohstoffe wie Öl und Industriemetalle bleiben Angebot und Nachfrage die bestimmenden Faktoren, während wir bei Gold noch weitere Faktoren sehen, die einen relativ hohen Preis im Jahr 2025 stützen dürften. Bei alternativen Anlagen konzentrieren wir uns in diesem Ausblick auf die Infrastruktur – ein zentraler Bereich für Investitionen in zukünftiges Wachstum – und das, was wir die öffentliche und private Mixologie von Investitionen in diesem Bereich nennen. Die Wechselkurse sollten durch eine starke US-Wirtschaft und einen starken US-Dollar gekennzeichnet sein. Der Euro könnte sich im Vergleich dazu schwächer entwickeln, während Zinserhöhungen und Wachstum in Japan den japanischen Yen stützen dürften.
2025 dürfte für Anleger ein nicht immer einfaches Jahr werden, da die Marktrisiken vielfältig sind – einschließlich der „drei Z“: Zyklus, Zins und Zölle. Wir halten diese Risiken jedoch für beherrschbar. Da die Märkte unter anderem die Auswirkungen des zukünftigen Wirtschaftswachstums antizipieren, erscheint es sowohl für den kurz- als auch den langfristigen Portfolioerfolg ratsam, investiert zu sein und zu bleiben. Ich hoffe, Sie finden in den Analysen unseres Jahresausblicks dafür nützliche Anregungen. Wir sind jederzeit und gern für Sie da, um Sie durch das Investmentjahr 2025 und darüber hinaus zu begleiten.
Dr. Ulrich Stephan
Chefanlagestratege Deutschland