Die Geldpolitik steht weiterhin im Fokus der Kapitalmärkte, die nach wie vor davon ausgehen, dass der Zinserhöhungszyklus demnächst seinen Höhepunkt erreicht haben wird. Mit dem Erreichen dieses Höhepunkts könnte auch die geldpolitische Wende eingeläutet werden – obwohl angesichts der hohen Kerninflation in vielen Volkswirtschaften manches darauf hinweist, dass die Inflation noch immer nicht vollständig unter Kontrolle ist. Auch die Sorgen bezüglich einer möglichen Stagflation und anhaltend hoher Energiekosten sind noch nicht vollständig zerstreut.
Wir gehen deshalb davon aus, dass die Erwartungen an eine bevorstehende wirtschafts- oder geldpolitische Wende wahrscheinlich verfrüht sind. Selbst wenn der Zinserhöhungszyklus tatsächlich seinen Höhepunkt erreicht hat, gibt es für die Zentralbanken gute Gründe, weiterhin auf der Hut zu sein. Die nach wie vor robusten Arbeitsmärkte und deren positive Auswirkungen auf den Privatkonsum sowie die anhaltenden Inflationssorgen machen es den Zentralbanken der Industrieländer schwer, eine sanfte Landung zu vollbringen. China versucht derweil, das Gegenteil zu erreichen – nämlich einen alles andere als sanften Übergang zu schnellem Wirtschaftswachstum. Auch die Zentralbanken der Schwellenländer stehen vor einer Reihe geldpolitischer Fragen.
Zudem werden die geldpolitischen Maßnahmen der verschiedenen Zentralbanken nicht perfekt aufeinander abgestimmt sein. Jede weitere Anhebung der Leitzinsen durch die Fed wäre eine Überraschung, sodass wir davon ausgehen können, dass sich die Zinserhöhungsschritte in den USA im Jahr 2024 verlangsamen werden. Auch die Zinserhöhung der EZB Anfang September war wahrscheinlich die letzte in diesem Zyklus, obgleich sich die Zinswende im Jahr 2024 aufgrund der hartnäckig hohen Kerninflation in Europa wahrscheinlich verzögern wird. Die Bank of Japan könnte mit zwei kleinen technischen Zinserhöhungen im nächsten Jahr sogar in die völlig entgegengesetzte Richtung steuern, um ihren Leitzins endlich wieder in den positiven Bereich zu bringen.
Wir sind nach wie vor zuversichtlich, dass die Zentralbanken uns sicher durch diese fortlaufenden geldpolitischen Anpassungen navigieren werden. Für die Industrieländer rechnen wir mit einer leichten Rezession oder einem schwachen Wirtschaftswachstum, gefolgt von einer moderaten Erholung. Für die chinesische Wirtschaft erwarten wir schließlich eine moderate Erholung im letzten Quartal dieses Jahres, die sich aus der Stärke des Dienstleistungssektors und einem Abbau der Beschränkungen im Immobiliensektor ergibt.
Angesichts dieser makroökonomischen Entwicklungen sind im Investmentmanagement eher subtile Richtungsänderungen als dramatische Strategiewechsel erforderlich. Da der Inflationsdruck wahrscheinlich nicht vollständig nachlassen wird, werden die Anleiherenditen voraussichtlich nicht sinken, obschon die Zinsstrukturkurven weniger invers verlaufen dürften. Die Fundamentaldaten der Unternehmen dürften trotz der vorübergehenden Konjunkturschwäche solide bleiben, sodass wir nicht mit einer starken Ausweitung der Anleihe-Spreads rechnen. Auch die Aktienmärkte dürften einen etwaigen Abschwung relativ gut überstehen, da die Unternehmensgewinne alsbald wieder zulegen dürften. In den USA und anderen Regionen wird diese Entwicklung allen voran durch den wieder erstarkten Technologie- und Kommunikationsdienstleistungssektor begünstigt.
Auch die Aktienmärkte dürften einen etwaigen Abschwung relativ gut überstehen, da die Unternehmensgewinne alsbald wieder zulegen dürften. In den USA und anderen Regionen wird diese Entwicklung allen voran durch den wieder erstarkten Technologie- und Kommunikationsdienstleistungssektor begünstigt.
Hinter den relativ bescheidenen 12-Monats-Gesamtrenditezielen für die meisten Aktienmärkte verbirgt sich eine Reihe anderer spezifischer Chancen, unter anderem ein voraussichtlich geringerer Bewertungsabschlag europäischer Aktien gegenüber US-Werten. Potenzielle Kursrückgänge könnten als Kaufgelegenheiten betrachtet werden.
Die Rohstoffpreise bleiben wie immer anfällig gegenüber der Unsicherheit in Bezug auf das globale und vor allem das chinesische Wirtschaftswachstum. Die Öl- und Energiepreise sind aufgrund von Angebotssorgen angesichts des nahenden Winters auf der Nordhalbkugel jedoch bereits gestiegen. Die Kupferpreise könnten durch die anhaltende Aktivität in den Bereichen E-Mobilität und Erneuerbare Energien etwas unterstützt werden. Auch Gold könnte in den kommenden Monaten bei Anlegern gefragt sein, die sich gegen vermeintliche Rezessionsrisiken absichern wollen.
Wo genau verläuft also in Zukunft der wichtigste Scheideweg? Mein persönlicher Rat an Anlegerlautet, über die geldpolitischen Entwicklungen hinaus die tiefgreifenden Veränderungen in der realen Welt in den Blick zu nehmen. Wir selbst versuchen, diese Veränderungen in unseren langfristigen Investmentthemen zu berücksichtigen, die wir am Ende dieses Reports behandeln und mit denen wir drei Bereiche abdecken: Technologie der nächsten Phase, Ressourcenwende und Unterstützung der Bevölkerung.
Derzeit erleben wir bereits, dass Technologien in der Lage sind, Umweltprobleme zu lösen und unsere Lebensweise drastisch zu verändern. Weniger offensichtlich dagegen ist, wie sich die Kapitalmärkte entwickeln werden, um Kapital besser zu kanalisieren, und welche Auswirkungen dies für Anleger nicht nur im Hinblick auf die Chancen, sondern auch auf die Bewertungen und die Risikoeinschätzung hat.
Diese Veränderungen deuten auf eine spannende Zeit für Anleger hin, die jedoch auch zur Vorsicht mahnt. Ein sorgfältiges Portfoliomanagement ist unablässig, um sowohl politische als auch strukturelle wirtschaftliche Veränderungen vorwegzunehmen. Wir freuen uns darauf, Sie dabei zu unterstützen.